Wir üben seit dem 5. Geburtstag von Julia ganz fleissig das Essen mit dem Löffel. Das ist aber ein schwieriges Unterfangen und braucht ganz viel Geduld und Ausdauer von beiden Seiten. Wir erhalten tolle Unterstützung von der Schule. Auch da lernt Julia jeweils in der Mittagsbetreuung und am Freitag in der Kochstunde das Essen mit dem Löffel.

Wir habe zuerst mit einer "Griffverdickung aus Moos- gummi"  zu arbeiten begon- nen. Der Moosgummischlauch vergössert die Greiffläche von Griffen, Stiften und Stielen. Leider war bei Julia das Problem, dass sie den Mund mit der Gabel oder dem Löffel nicht getroffen hat. Dies frus- trierte sie zusehends und sie wurde laut und schrie weil sie Hunger hatte. 

Dann haben wir das Essbesteck zum Abwinkeln für Julia entdeckt. Dieses kann man ebenfalls unter www.rheumaliga.ch bestellen.

Gabel und Löffel lassen sich in jede gewünschte Richtung biegen. Da Julia vermutlich Linkshänderin ist, ein weiterer Vorteil, da normalerweise das vorgebogene Besteck für Rechtshänder bestimmt ist. Zusammen mit dem speziell verdickten Griff , kann sie das Besteck gut halten - eine grosse Erleichterung beim Essen.

Sowieso ist der Schwerpunkt "Essen mit Gabel und Löffel" für alle Parteien ein grosser Rückschritt. Bis anhin konnte sich Julia in ihrem Tempo das Essen mit den eigenen Händen zum Mund führen. Wir zerkleinerten ihr die Esswaren und sie nahm dann die Stücke aus ihrem auf dem Tischset angeleimten Teller und ass meist einige Stücke selber. Dies führte aber aufgrund von Julias Grösse und ihrer lebendigen Art zu einem immer grösser werdenen Chaos auf und unter dem Tisch. Ebenfalls ein grosses Problem ist, dass sich Julia das Essen in die Haare schmiert und wir ihr dadurch meist täglich die Haare waschen müssen. Dies ist auch ein nicht leichtes Unterfangen, welches viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt.

Aus diesen Gründen war uns wichtig mit dem "Essen mit Gabel und Löffel" zu beginnen.

Dazu sitzt die Betreuungsperson neben Julia. Der Teller muss ausser Reichweite sein, damit Julia das Essen nicht mit den Händen erwischt. Die Betreuungsperson füllt den Löffel und reicht ihn Julia. Julia nimmt den vollen Löffel, führt ihn selber zum Mund und gibt den leeren Löffel wieder zurück. Dies wiederholt sich dann, bis unser Engel genug gegessen hat.

Ein Ablauf welcher enorm Zeit und Geduld erfordert. Ebenfalls kommt die Betreuungsperson selber nicht zum Essen, da sie wäh- rend einer guten halben Stunde vollständig mit Julia beschäftigt ist.

Ein enormer Aufwand, welcher sich aber sicherlich lohnt! Das eigenhändige "Essen mit Löffel und Gabel" wäre ein toller Schritt in die Selbstständigkeit. Noch sind wir erst in den Anfängen. Julia zeigt aber auch hier grosses Entwicklungspotenzial und an dem halten wir uns fest. Das Üben erfordert mehr Nerven, Geduld, Ausdauer und Durchhaltevermögen als wir uns vorgestellt haben.

Nach einigen Monaten sind wir nun beim nächsten Schritt angelangt. Der Plastikteller wird ausgetauscht und macht einem Keramikteller mit anklippbarem Rand Platz (bestellbar unter www.rheumaliga.ch). Damit der Teller nicht wegrutscht, stellen wir ihn auf eine "Antirutschmatte". Der Teller fliegt nur noch selten ohne Vorwarnunng. Diese Vorwarnungen gilt es natürlich lesen zu lernen, aber darin sind wir schon recht gut. Ausserdem sind wir sowieso permanten dabei, da Julia unsere Hilfe immer noch braucht. "Einfaches" Essen (Sachen ohne Sauce etc.) kann sie nach langem Üben und viel Geduld nun schon ganz toll selber aufschaufeln und zum Mund führen!

Wir sind unendlich stolz auf Julia. Dieser riesige Schritt ist ein toller Fortschritt in Richtung eines möglichst "selbstbestimmtes" Essen. Wir hätten ihn nicht für möglich gehalten!

Seht nur, wie stolz auch sie selber ist!