Julia-im-nächsten-Level

Julia-im-nächsten-Level-Story

Wenn ich Dich um 2215 Uhr
zum zigten Mal rufen höre
"Ä", "ä", "ä"
und ich müde und leicht genervt
wiederholt in Dein Zimmer gehe,
und du strahlend im Pflegebett sitzt,
rausgewindet aus Deiner Zewi Decke,
die wir seit ein paar Wochen
zusätzlich am Fussende
am Bettrost befestigen müssen,
damit Du den Reissverschluss
eben nicht öffnen kannst,
und Du mir
ganz schelmisch die
in hundert Stücke zerpflückte Windel zeigst,

dann muss ich trotz unglaublichem Mehraufwand
ein wenig lächeln,
denn Reissverschluss öffnen,
mag ja für jeden einfach sein,
Julchen aber übt in der Therapie
seit langem
an dieser motorischen Höchstleistung.
Also putzen Juliapapa und ich
möglichst 90 der 100 Fötzeli und mehr zusammen
und verschieben den Rest auf den Morgen
und binden den Reissverschluss am Bettrost
diesmal ein bisschen cleverer an,
in der Hoffnung,
dass Du es nicht nocheinmal schaffst
in dieser Nacht,
damit wir Zeit gewinnen
um ein Schloss zu kaufen,
damit wir den Reissverschluss
"Julia-nächstes-Level-sicher"
abschliessen können.
Damit die Windel
in der Nacht,
da bleibt,
wo sie muss.
Wir verlassen müde
und doch lächelnd
mit einem Kopfschütteln
das Zimmer
und sind einfach nur dankbar,
dass die Windel leer war.

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Text: Melanie Della Rossa - 26. April 2016

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